Nachhaltige Chemie an der UR

 

 

 

 

 

Nachhaltige Chemie an der Universität Regensburg:

Die Chemie ist für das Konzept der nachhaltigen Entwicklung Chance und Gefahr zugleich. Die mit Chemie im Zusammenhang stehenden Gefahren sind groß und zeigen sich bei Unfällen wie in Seveso, Bophal oder bei Sandoz. Auch auf den ersten Blick weniger dramatische Auswirkungen, wie z.B. die ubiquitäre Verbreitung von POPs (Persistent organic pollutants) haben ihren Ursprung zum Teil in der chemischen Industrie. Neben diesen Gefahren, bietet die Chemie aber auch große Potenziale für eine nachhaltigere Entwicklung [1]. Durch die Kompetenz dieses Industriezweiges auf dem Gebiet der Stoffumwandlung können wichtige Teilbereiche bei der Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft mitgestaltet werden. Ein herausragendes Beispiel hierzu ist die Herstellung von Isoliermaterialien zur Gebäudedämmung. Die zur Herstellung der Dämmmaterialien verbrauchte Energie kann oft schon nach einem Jahr durch verringerte Energieverluste eingespart werden [2], eine langfristige Reduktion des Energieverbrauchs aus der Gebäudeheizung wurde dadurch erst möglich gemacht. Auch die Entwicklung von Katalysatoren, z.B. für den Kraftfahrzeugbereich brachte große Reduktionen der Emissionslasten und damit eine Verbesserung der Umweltsituation.

Nachhaltigkeit in der chemischen Ausbildung:

Die Anforderungen an die Chemie erstrecken sich auf alle drei bekannten Teilbereiche der Nachhaltigkeit. Aufgrund der Komplexität der Fragestellungen können nicht alle Fragen von Wissenschaftlern einer Fachrichtung beantwortet werden. Vielmehr bedarf es dafür Spezialisten verschiedener Fachrichtungen. Die Aufgabe aus naturwissenschaftlicher Sicht ist die Entwicklung von ökologisch nachhaltigen Prozessen und Verfahren. Dabei ist ein Prozess als ökologisch nachhaltig anzusehen, wenn die Ressourcennutzung (der Aufwand und die Bedingungen der Produktion und die daraus entstehenden Folgelasten), im Grenzfall an den naturwissenschaftlich gegebenen Minima liegen [3]. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es nicht noch andere Problemlösungen geben kann, die aus Sicht der Nachhaltigkeit gegebenenfalls noch günstiger zu bewerten sind.
Zur Entwicklung solcher Prozesse sind Wissenschaftler gefragt, die profunde Kenntnisse auf dem Gebiet der Stoffumwandlung besitzen. Darüber hinaus sollten sie auch Verständnis für neue Anforderungen mitbringen.

Diese könnten sein:

Anwendung energetisch günstiger, umweltschonender alternativer Reaktionsbedingungen durch Verwendung von katalytischen und enzymatischen Reaktionen.
Anwendung von alternativen Techniken zu thermischen Reaktionen: photochemische und elektrochemische Reaktionen, Mikrowellentechnik, Solartechnik.
Anwendung von modernen chemo-, regio- und stereoselektiven Reaktionen.
Verwendung von ressourcenschonenden Ausgangs- und Zwischenprodukten, sowie von nachwachsenden Rohstoffen.
Anwendung von umweltverträglichen Lösungsmitteln.
Rezyklierung von Hilfsstoffen sowie eingesetzter Lösungsmittel.

Die Anforderungen an Chemiker und Chemie fassen Eissen et al. [4] in Ihrer Publikation “10 Jahre nach Rio – Konzepte zum Beitrag der Chemie zu einer nachhaltigen Entwicklung” zusammen. Interessante Ansätze liefert auch die Green Chemistry Initiative, die inzwischen durch ein virtuelles Institut vertreten wird und auf zwölf Prinzipien beruht [5]:

1. It is better to prevent waste than to treat or clean up waste after it is formed.
2. Synthetic methods should be designed to maximize the incorporation of all materials used in the process to the final product.
3. Whenever practicable, synthetic methodologies should be designed to use and generate substances that possess little or no toxicity to human health and the environment.
4. Chemical methods should be designed to preserve efficacy of function while reducing toxicity.
5. The use of auxiliary substances (e.g. solvents, separation agents, etc.) should be made unnecessary whenever possible and, innocuous when used.
6. Energy requirements should be recognized for their environmental and economic impacts and should be minimized. Synthetic methods should be conducted at ambient temperature and pressure.
7. A raw material or feedstock should be renewable rather than depleting wherever technically and economically practicable.
8. Unnecessary derivatization (blocking group, protection/deprotection, temporary modification of physical/chemical processes) should be avoided whenever possible.
9. Catalytic reagents (as selective as possible) are superior to stoichiometric reagents.
10. Chemical products should be designed so that at the end of their function they do not persist in the environment and break down into innocuous degradation products.
11. Analytical methods needed to be further developed to allow for real time, in process monitoring and control prior to the formation of hazardous substances.
12. Substances and the form of a substance used in a chemical process should be chosen so as to minimize the potential for chemical accidents, including releases, explosions, and fires.

Neben den genannten Anforderungen ist weiterhin auch ein Verständnis für Betrachtungen im ganzheitlichen Sinne unverzichtbar. Nur dadurch können Verfahren zu ihrem naturwissenschaftlichen Minimum hin optimiert werden.

Homepage